BildquelleTitel: "Delirium - [amor deliria nervosa]"
Originaltitel: "Delirium"
Autor: Lauren Oliver
Verlag: Carlsen
Seitenanzahl: 416
Preis: 18,90 €
ISBN: 9783551582324
Inhaltsangabe
Früher, in den dunklen Zeiten, wussten die Leute nicht, dass die Liebe tödlich ist. Sie strebten sogar danach, sich zu verlieben. Heute und in Lenas Welt ist Amor Deliria Nervosa als schlimme Krankheit identifiziert worden. Doch die Wissenschaftler haben ein Mittel dagegen gefunden. Auch Lena steht dieser kleine Eingriff bevor, kurz vor ihrem 18. Geburtstag. Danach wird sie geheilt sein. Sie wird sich nicht verlieben. Niemals. Aber dann lernt sie Alex kennen. Und kann einfach nicht mehr glauben, dass das, was sie in seiner Anwesenheit spürt, schlecht sein soll.
Quelle
Meinung
Es gibt Bücher, die einen so mitreißen, dass man sie trotz kleiner Makel mag. Bücher, die man nicht zuklappen und weglegen kann, weil sie einen so berühren, dieses gewisse kleine Etwas haben, das einem genau ins Herz trifft, sodass man einfach nur noch lesen, lesen, lesen und in dem Buch versinken will.
Das war bei mir der Fall bei "Delirium".
Obwohl ich neugierig auf das Buch war, so war ich anfangs auch voller Skepsis. Die Grundidee hörte sich für mich irgendwie seltsam an und ich hatte das Gefühl, dass es wieder nur so irgendeine schlecht überlegte oder keine besondere Dystopie sein würde.
Aber schon ziemlich zu Anfang des Buchs änderte sich meine Meinung. "Delirium" beschreibt gar keine unbedingt ferne Zukunftswelt - es ist eine Welt, die unserer in ziemlich vielen Aspekten sehr ähnlich ist, nur dass die Liebe eben als Krankheit angesehen wird. Ein paar weitere kleinere Unterschiede gibt es, aber "Delirium" strotzt nicht so extrem vor Technik. Es ist auch keine übermäßige Kluft zwischen arm und reich zu bemerken, keine verschwundene Mittelklasse oder sonst etwas. Im Grunde genommen ist die Welt in dem Buch ziemlich normal. Mit ein paar Ausnahmen eben. Das hat mir ziemlich gut gefallen, denn so konnte ich mich recht gut in sie hineinversetzen und mich besser auf diese eine starke Veränderung konzentrieren und was die mit sich zog, als wenn die Autorin ein komplett anderes Weltbild geschaffen hätte.
Dass technische Gegenstände nicht so wahnsinnig wichtig sind, heißt aber nicht, dass die Wissenschaften sich nicht weiterentwickelt haben. So übermäßig viel bekommt man davon zwar nicht mit, aber hier und da finden sich ein paar Stellen, an denen man erfährt, wie die Menschen zur Religion und zu den Wissenschaften stehen. Dass das nicht genau ausgeführt wurde, fand ich allerdings wenig störend, denn der Roman konzentrierte sich vornehmlich auf andere Dinge. Außerdem war über jedem Kapitel ein Zitat aus einem Schriftstück aufgeführt, was mir als Leser einen ziemlich guten Einblick in die Welt verschafft hat. Diese teils subtilen Andeutungen fand ich beeindruckend - dass man allein schon durch 2-3 Sätze eine völlig andere Wahrnehmung bestimmter Dinge vermitteln kann.
Die andere Sicht der Dinge bekam man aus Lenas Perspektive mit - die Hauptfigur, die kurz vor ihrem Eingriff steht, der einen von der Amor Deliria Nervosa befreit. Mir war sie als Mensch ziemlich sympathisch, obwohl sie ihre kleinen Ausraster hatte, die ich zwar nachvollziehen konnte, die sie aber nicht zu dem perfekten Übermenschen in meinen Augen gemacht haben. Im Laufe des Buchs erfährt man viel über sie und ihre Vergangenheit, lernt sie immer besser kennen, was es mir noch besser möglich gemacht hat, mich in sie hineinzuversetzen. Auch Alex fand ich schön ausgearbeitet - endlich mal ein männlicher Hauptcharakter, der nett ist, bei dem man aber nicht gleich Angst haben muss, dass er zu glitzern anfängt! Nichts gegen Arschlöcher als Hauptcharaktere, die haben auch ihren Charme, aber Alex ist in meinen Augen ein ziemlich netter Kerl, der trotzdem Charakter hat. Einige wenige Nebencharaktere waren dafür nicht so optimal ausgearbeitet; sie hätten vielleicht noch etwas facettenreicher sein können. Allerdings kann die teilweise fehlende Tiefe auch eine Folge des Eingriffs sein, weshalb ich das wirklich nicht störend fand.
Auch die Geschichte an sich hat mir sehr gut gefallen. Teilweise ließ sich zwar erahnen, was geschehen würde, doch es war niemals so, dass ich das Buch gelangweilt zur Seite legen wollte. Im Gegenteil: Der Schreibstil, der ungewöhnlicherweise sehr bildreich und gleichzeitig doch gefühlsbetont war, riss mich mit. Ich fand es beeindruckend, wie Lauren Oliver es schaffte, mit ein paar Worten, ein paar Pinselstrichen ein farbenprächtiges, detailreiches Bild vor meinen Augen zu schaffen.
Und - entgegen meiner anfänglichen Befürchtungen - konnte ich mir diese Welt, in der Liebe etwas Verbotenes, Seltsames darstellt, ziemlich gut vorstellen. Wenn man sich nur mal die Weltgeschichte anschaut, merkt man ja, dass früher die Liebe auch nicht immer eine große Rolle gespielt hat. Und sie offenbart ja auch Schwachstellen an den Menschen, sorgt für Konflikte - tut alle möglichen Dinge, die man als schlecht und vermeidbar bezeichnen könnte. Deshalb fand ich Lauren Oliver's Zukunftswelt nicht unrealistisch und konnte meine Bedenken schnell bei Seite schieben.
Fazit
Dieses Buch hat genau meinen Nerv getroffen, weshalb ich den zweiten Teil kaum noch erwarten kann. Euch lege ich es auch dringend ans Herz, denn es ist ein wunderschöner Schmöker, dem es an (fast) nichts fehlt!